„Leider leben wir in einer Zeit, in der offen­sichtlich und unglücklicherweise nicht das Er­reichte zählt, sondern das Erzählte reicht.“

Haushaltsrede Bernd Bedronka

Die am 19. März eingebrachte Haushaltssatzung war er­schreckend. Das vom Kämmerer vorgetragene Fazit lau­tete:

Der Ergebnishaushalt schließt mit einem Fehlbedarf in Höhe von rd. 7,9 Mio. € ab.Seinerzeit nannte er folgende Hauptpunkte für die Misere:

  • Personal- und Versorgungsaufwendungen
  • Zahlungen an Zweckverbände
  • Kreisumlagen
  • Zinsaufwand: + 0,7 Mio. €

Mithin gestiegen Aufwendungen: 2,5 Mio

Dazu kamen noch verminderte Erträge in Höhe von

3,5 Mio. aus

  • Fehlender Grundstücksveräußerung (- 2,0 Mio.€)
  • Schlüsselzuweisungen (- 0,7 Mio.€)
  • Außerordentliche Erträge (- 0,8 Mio.€)

Er rief dazu auf, den vorgelegten Entwurf gemeinsam nach zu schärfen.

Seitdem werden die gewählten Vertreter*innen der Grefrather Bürgerschaft mit Unmengen von

  • Nachträgen,
  • Ergänzungen und
  • Tabellen und Tabellchen

überschwemmt. Diese sind schön bunt, wobei manchmal die verwirrende Einfärbung erklärbar und manchmal nur verwaltungsinternen Anmerkungen geschuldet ist. All diese Nachträge haben bei mir zumindest zu einer neuen Erkenntnis geführt: Die Schrifttype Arial gibt es auch in Größe 3.

Man merkt zwar, dass hier sehr viel Akribie und Arbeit `drin steckt – nur leider trägt dies überhaupt nicht zu mehr Verständnis und schon gar nicht zu Transparenz bei.

Schriftliche Erläuterungen sind weiterhin spärlich. Das ist mitnichten eine neue Anmerkung unsererseits und wurde von mir schon seit Jahren bemängelt.

Der Antrag der Grünen ist daher erstmal richtig. Ob er auch ernstgenommen und umgesetzt wird – das müssen wir gemeinsam schärfstens überwachen.

Das Angebot des Kämmerers, unsere Beratungen zu un­terstützen, war – sagen wir mal – etwas schwierig umzu­setzen, da Änderungen im Zahlenwerk bis zuletzt auch immer wieder nach den Gesprächen (die übrigens durch­aus konstruktiv verliefen) aufploppten.

Das letzte Mal heute um 13.00 Uhr!

Nun, Fazit aus den ganzen bunten Papierchen ist seit heute eine neue Haushaltssatzung. So etwas ist seriös nur schwer beratbar!

Bis heute dachte ich, wir entscheiden über einen Ergebnis-Haushalt 2024 mit einem prognostizier­ten Minus von ca. 5,6 Mio. Oder nun doch 6,3 Mio. wegen der pauschalen Minderausgaben?

Außerdem reden wir über ein Haushaltssicherungskon­zept, das nicht nur 12 Jahre sondern auch viel Glauben und Hoffen umfasst.

Das alles tun wir zudem ohne echte Ergebnisse aus dem vergangenen Haushaltsjahr. Beim Segeln würde das heißen: Navigieren in dichtem Nebel mit deutlich eingeschränkter Sicht.

Allerdings lässt die Gesetzeslage und insbesondere das hoffnungslos überaltete und im Kern ungerechte Gemein­definanzierungsgesetz auch hier kaum Spielräume zu. Die Rechengrundlagen bei den Schlüsselzuweisungen und der Verteilung der Anteile an Steuereinnahmen sind und blei­ben willkürlich.

Neben dem konsumptiven Ausgaben sind auch Investiti­onen geplant, darunter:

  • Rathausneubau: 5,0 Mio.  – übrigens nur für 2024
  • Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte: 2,8 Mio.
  • Weiterführung der ISEK Maßnahmen: 1,5 Mio.
  • Grundstücksankäufe: 1,2 Mio.
  • Weiterführung der Erw. GGS Grefrath: 1,0 Mio.
  • Abwasserbeseitigung: 1,0 Mio.

Alles wäre ja bilanziell kein Problem, denn Investitionen erhöhen ja den Wert. Aber in unserem Fall müssen sie fremdfinanziert werden, denn die Barkassen sind leer. Also sollen Kredite von knapp 12,1 Mio. € und damit dem Doppelten des Vorjahres aufgenommen werden.

Unter’m Strich ist eine Rekordneuverschuldung in Höhe von insgesamt 10,6 Mio. € eingeplant.

Das erklärt natürlich die steigenden Zinsen um 700 T€, die eben nicht abschreibungsfähig sind. Sie sind – aus Ge­meindesicht – einfach weg! 

Einige weitere Aspekte des vorliegenden Haushaltes so­wie des Planes für die kommenden Jahre:

Steuererhöhungen sind an Einfallslosigkeit zur Einnahme­steigerung kaum zu überbieten. Die Grundsteuer B be­lastet alle Bewohner Grefraths – egal ob sie in eigenen oder gemieteten Wohnungen wohnen. Die Erhöhung der Gewerbesteuer ist ein falsches Zeichen an ansiedlungs­willige Unternehmer. Richtiger wäre die Steigerung der Attraktivität unseres Standortes.

Ich muss jedoch zugeben, dass wir im Sinne eines ge­nehmungsfähigen HSK kaum Alternativen finden konnten.

In der Einbringungsrede wies der Kämmerer darauf hin, dass auch in Grefrath Bestrebungen erforderlich sind, die dem vorherrschenden Klimawandel entgegenwirken. Nun, dass der menschengemachte Klimawandel eine Tat­sache ist, wird von niemandem mehr geleugnet – zumin­dest nicht von vernünftigen Menschen. Allerdings ist auch der Rückgang der Biodiversität eine von uns verursachte Realität. Und genauso wie bei Maßnahmen zur Klima­folgenanpassung ist gerade hier durchaus auch kommu­nales Handeln wertvoll, effizient und dringend notwendig.

Der vorliegende Haushalt beinhaltet hier ein absolutes Mi­nimum an der Grenze zur Missachtung des Problems.

Ein Wort zum Rathausneubau:

Natürlich ist ein 15-Millionen-Projekt wie das neue Rat­haus nicht der Grund für unsere Haushaltsmisere. Schon gar nicht der alleinige. Schließlich stellt es einen abschrei­bungsfähigen Gegenwert da. Aber es trägt – wie bei mei­nen Anmerkungen zu den Zinsbelastungen bereits er­wähnt – sicherlich dazu bei. Bereits im vorigen Jahr kos­teten die Vorbereitungen, die Anmietung von Ersatz­räumen, ein erster Umzug usw. usw. ½ Million Euro.

Wo wir genau landen – und zwar inklusive aller Periphe­rie-Kosten – weiß keiner genau. Nur zur Erinnerung: Die SPD hat als einzige Fraktion eine wirtschaftliche Decke­lung der Kosten verlangt. Alle anderen haben bewusst entschieden, ein Projekt ohne finanzielles Limit anzu­stoßen. 

Auf einige Fragen zum Haushalt antwortete der Käm­merer: Das wurde so von den Fachämtern gemeldet.

Wie ausgeprägt ist eigentlich das Verständnis von wirt­schaftlichem Handeln bei den einzelnen Mitarbeiter*innen der Verwaltung? Wird im Arbeitsalltag eigentlich das Prin­zip der Effizienz (jeder ausgegebene Euro muss vorher eingenommen werden und hinterher Nutzen bringen!) tatsächlich gelebt?

Ohne eine derartige Ausgabendisziplin als verinnerlichte Haltung können wir nicht wirklich sparen!

Hier ist Authenzität, Disziplin und Vorbildlicheit in der Ver­waltungsspitze gefragt – mehr als Selbstdarstellung, Ide­ologie und Vorlieben!

Alle Ausgaben gehören immer wieder auf den Prüfstand. Ungeduld wie bei der OGS-Entscheidung ist da eher kontraproduktiv.

Zur Entscheidungsfindung in der Politik gehören aber auch transparente und gut vorbereitete Vorlagen der Ver­waltung. Mal eine beispielhafte Kleinigkeit: Wie soll denn sachgerecht über die rasenmäherartige Erhöhung der Hundesteuer beschlossen werden, wenn uns noch nicht einmal bekannt ist, wieviel Hunde in unserer Gemeinde gehalten werden?

Beim Zusammenspiel von Verwaltung und Politik geht es auch um Wertschätzung. Der Rat vertritt die Bürger­schaft, seine hoheitliche Aufgabe ist die Vorgabe von Zie­len und die Kontrolle des Verwaltungshandelns.

In der letzten Zeit häufen sich allerdings Vorgänge, die die politische Arbeit zumindest nicht erleichtern:

  • Niederschriften über Gremiensitzungen kommen oft­mals erheblich zu spät.
  • Möglicherweise werden fehlerhafte Niederschriften unterzeichnet, ohne dass sie vorher aufmerksam ge­lesen werden. Aber sie sind dann erstmal in der Welt!
  • An sich ja gute Veranstaltungen werden ausgerufen, ohne die Politik überhaupt zu beteiligen. Das Format „Unternehmen trifft Sport“ z.B. begrüße ich – auch wenn ich erst aus facebook überhaupt davon erfahren habe.
  • Es gibt eine Vision, ein Konzept zum Bauen in Grefrath. Das ist toll! Allerdings gibt es das nur in der Verwaltung. Der Bauausschuss kennt es nicht.

Derartiges lässt uns immer mal wieder diskutieren, ob die Rolle der Kommunalpolitik überhaupt ernst genommen wird.

Sie werden gemerkt haben, dass wir in diesem Jahr weder eine Förderung der Kultur noch eine Bezuschussung der Büchereien beantragt haben. Glauben Sie mir, das tut uns weh!

Wir erwarten allerdings auch in Zukunft von allen anderen den Verzicht auf Show-Anträge zur Selbstbeweih­räucherung.

Für uns Sozialdemokraten ist das unumstößliche Ziel der Erhalt unserer Sport- und Freizeitgemeinde mit allen As­pekten über Baumaßnahmen hinaus vor allem im gesell­schaftlichen und sozialen Klima.

Wir stimmen nach intensiven und äußerst kompli­zierten Beratungen mit großen Bauchschmerzen letztmalig einem derartigen Haushalt (und dem HSK) zu. Wir er­warten beim nächsten Mal erheb-lich mehr Trans­parenz.

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