10.06.2022
Viele Menschen denken, sie lebten ja im Grünen, das sei schon Schutz genug vor Klimawandel und seinen Folgen.
Aber seit wir in den Jahren 2018/2019 lange Zeit zu wenig Regen und sehr große Hitze zu verzeichnen hatten, müssen wir hellhörig werden und das zukünftige Leben auch in unserer Kommune unter anderem Blickwinkel betrachten. In Tönisvorst wurden an einem Tag 41,2° C gemessen (ein Rekord für Deutschland). Der Grundwasserspiegel sank, es gab Ernteausfälle, und es traten gesundheitliche Probleme für Risikogruppen auf (Alte, chronisch Kranke, Kleinkinder, draußen Arbeitende).
Mit zunehmender Erderwärmung werden Extremwetterereignisse Schäden verursachen. Starkregen ließ in unserer Kommune schon Keller volllaufen. Sogar ein Tornado verursachte 2018 in der näheren Umgebung enorme Waldschäden.
Daher ist es jetzt nur folgerichtig, dass sich der Kreis Viersen zusammen mit den Kommunen Brüggen, Grefrath, Nettetal, Schwalmtal, Tönisvorst und Viersen um ein Klimaschutzkonzept bemüht hat, das in den politischen Gremien beraten werden soll.
Allen ist klar, die enorme Erderwärmung muss verhindert werden. Das können wir erreichen, indem wir die Treibhausgasemissionen möglichst schnell senken und letztlich auf Null bringen und klimaneutral leben.
Genau in diese Richtung zielt das Klimaschutzkonzept. Mit jeweils 25 Maßnahmen in den 5 Themenbereichen Gebäude, Haushalte, Wirtschaft, sowie Handel, Gewerbe, Dienstleistung und Verkehr wurde zielgerichtet jeder Kommune aufgezeigt, wo sie ihre Prioritäten setzen kann, um möglichst effizient alle Potenziale zu nutzen, die unseren Energie- und Wärmeverbrauch reduzieren.
Es besteht kein Zweifel, dass so ein Konzept sehr wichtig ist und unerlässlich, damit wir in unserer Welt überhaupt weiter leben können. Es ist vorrangig auf den Klimaschutz fokussiert und konzentriert sich auf technologische Lösungen. Energetische Sanierung in Gebäuden, effizientere Geräte in Haushalten, effizientere Technologien auch bei der Wirtschaft und alternative Antriebe im Verkehr sollen die Verbrauche senken helfen und damit auch für die Einsparungen bei den Treibhausgasemissionen sorgen. Das funktioniert allerdings nur, wenn alle mitmachen. Daher soll die Öffentlichkeitsarbeit forciert werden, um allen die Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man sich einbringen kann.
Das alles sieht sehr ambitioniert aus. Es ist aber wegen der Voraussetzung, dass alle Bürger sich beteiligen müssen und ihr Konsumverhalten eine große Rolle spielt, sehr ungewiss, ob die Umsetzung gelingt.
Über dieses Konzept hinaus, das sich mit technologischen Lösungen beschäftigt, sollte man den Blick auch auf weitere Möglichkeiten lenken, die als ergänzende Maßnahmen diskutiert werden können.
Da ist zum einen der naturbasierte Klimaschutz. Dabei werden Leistungen der Ökosysteme genutzt, um Treibhausgasemissionen zu senken und Kohlenstoffspeicher zu erhalten. Dazu werden der Schutz und die Wiederherstellung von Wäldern, Mooren und Böden und die Ausweitung von Schutzgebieten vorangetrieben. Aber auch ganz schlicht die Maßnahme von mehr Grün in der Kommune gehört zu den naturbasierten Lösungen.
Zum anderen üben Ernährung und Landwirtschaft auf das Klima einen großen Einfluss aus. Mit Gründüngung, klimaschonender Bodenbearbeitung, weniger Tierhaltung könnte der Anteil an Emissionen verringert werden. Auch da können sich die Bürger einer Kommune beteiligen, indem sie Produkte kaufen, die aus dem Ökolandbau stammen oder auch weniger Fleisch konsumieren. Weniger Fleisch auf dem Teller, bedeutet weniger Tiere und weniger Emissionen.
Weil das Einhalten des 1,5° Zieles auch von den globalen Anstrengungen abhängt und schon gegenwärtig absehbar ist, dass es nicht eingehalten wird und vermutlich auch das 2° Ziel nicht, können uns die Folgen des Klimawandels hart treffen. Deshalb müssen wir uns gleichzeitig auch mit der Klimaanpassung befassen.
Nach heutiger Erkenntnis sind Klimaschutz und Klimaanpassung gemeinsam zu denken und zu planen. Leider hat die Firma Energielenker, die das Klimaschutzkonzept entwickelt hat, ein Anpassungskonzept erst in Aussicht gestellt.
Um nicht nur abzuwarten, bis ein solches Konzept fertig ist, sollte man die Zwischenzeit verwenden und schauen, was denn für Gesamtstrategien schon in anderen Kommunen entwickelt wurden.
Man kann für eine klimagerechte Entwicklung Synergien nutzen. Hierfür gibt es schon praktische Projekte, die die Querschnittsaufgabe Klimaschutz und Klimaanpassung in Angriff nehmen z.B. mit Solargründächern, Dächern, die Dachbegrünung und Solarthermie nutzen, die die THG-Emissionen senken, im Sommer kühlen und im Winter wärmen. Oder Vernetzung von Wasser- und Grüninfrastruktur auf Wasserspielplätzen mit Grün, die mit gespeichertem Regenwasser in Trockenzeiten die Bäume versorgen können.
Das wäre natürlich eine große Herausforderung für die Verwaltung und erfordert eine Planung in der städtebaulichen Entwicklung in Absprache mit anderen Akteuren. Eine solche Vernetzung mit entsprechendem Wissenstransfer könnte schon jetzt stattfinden, so dass man nicht erst anfangen muss, wenn das Klimaanpassungskonzept fertig ist.
Doris Friemelt