Klimawandel, Klimaanpassung, Biodiversitätsverlust – Wie hängt das zusammen?
Es bewegt sich gerade viel in der Politik, was die Verbesserung der Umwelt angeht.
Am 14. März 2023 befasste sich das Europäische Parlament in einer ersten Verhandlungsrunde mit dem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur. Es wird weltweit das erste Gesetz sein, dass rechtlich verbindliche Ziele gegen Artensterben, gegen die Zerstörung der Lebensräume und die Klimakrise vorgeben will. Das ist von großer Bedeutung, weil mit einer viel stärker zunehmenden Erderwärmung, als wir bisher angenommen haben, die Ökosystemleistungen der Natur für unseren Klimaschutz und die Anpassung noch wichtiger werden. Wir brauchen die Natur mit den Kühlungseffekten, dem Wasserrückhalt und die Lebensräume für die Bestäuber.
Am 15. März 2023 dann veröffentlichte das Bundesumweltamt die Zahlen der THG-Emissionen in 2022: Damit sind zwar die Zielwerte des Bundesklimaschutzgesetzes in Summe gerade eingehalten, aber es gibt wegen des vermehrten Einsatzes von Stein- und Braunkohle zur Stromerzeugung einen bedeutenden Anstieg im Energiesektor. Nur durch den Ausgleich durch die Erneuerbaren Energien bleibt der Energiesektor knapp unter der Zielvorgabe. Das gilt aber immer noch nicht für die Sektoren Verkehr und Gebäude. Da muss schnellstens nachgebessert werden.
Am gleichen Tag ist die Nationale Wasserstrategie vom Kabinett beschlossen worden. Zu 10 Themenfeldern wird es in einem Aktionsprogramm 80 erste konkrete Maßnahmen bis 2030 geben, mit denen als Kern die Versorgung mit sauberem Trinkwasser, die Grundwassernutzung und der Schutz der natürlichen Wasserressourcen für unsere Ökosysteme umgesetzt werden soll. Eine Leitlinie für den Umgang mit Wasserknappheit ist in Arbeit. Auch an der Umsetzung des Weißbuchs Stadtgrün mit einem Aktionsprogramm grün-blaue Infrastruktur wird gearbeitet. Dazu gibt es Fördermittel zusammen mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz. In den Kommunen wird sich danach genügend Arbeitspotential für die Zeit bis 2030 ergeben: mit der Verbesserung bei der Wasserspeicherung, mit der Entsiegelung von Flächen und mit der Wiederherstellung von Grünflächen und kranken Wäldern. Für die Landwirtschaft ist sehr wichtig, dass sie mit Prognosen über das Eintreten von Dürren und über die Vorhersage der Verfügbarkeit von Wasser rechtzeitig informiert werden soll, um sich darauf einstellen zu können.
Des Weiteren steht der Weltklimarat (IPCC) kurz vor der Veröffentlichung seines aktuellen vollständigen Berichtes. Er soll am 20. März 2023 vorgestellt werden. Darin wird der Kenntnisstand zum Klimawandel aus aktuellen Forschungen zusammengetragen und bewertet. Es geht um die Kernbotschaften darüber, welche Gefährdung vom Klimawandel ausgeht und wie darauf reagiert werden kann, was im Besonderen für die Politik herausgearbeitet werden soll. Es ist davon auszugehen, dass diese Botschaften alarmierend sein werden.
Alles zusammen zeigt, dass die Probleme bekannt sind und die rechtlichen Grundlagen zur Behebung geschaffen werden. Wir kennen auch Lösungsmöglichkeiten. Jetzt muss schnelles Handeln erfolgen. Wir sollten uns daher in der breiten Öffentlichkeit eingehender mit dem Klimawandel, der Klimafolgenanpassung und dem Biodiversitätsverlust befassen. Man weiß, dass diese Bereiche eng zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen und verstärken. Biodiversität sorgt dafür, dass die lebenswichtigen Kreisläufe in unseren Ökosystemen funktionieren und das Klima dadurch stabilisiert wird. Umgekehrt wirkt sich das Klima mit den veränderten Temperaturen auf die Tier- und Pflanzenarten aus. Deshalb sollte man einmal diese Bereiche zusammen und in ihren Wirkungen aufeinander betrachten.
Klimawandel
Blicken wir zuerst auf den Klimawandel und die Emissionen, die der Auslöser der ganzen Krisen sind. Emissionen sind die Ursache dafür, wie die Natur reagiert. Sie gehen von uns Menschen aus. Eine Schlagzeile lautete kürzlich „Die Natur rächt sich“. Das ist natürlich Quatsch. Die Natur macht das, was sie immer macht. Wenn sich die äußeren Rahmenbedingungen ändern, verhält sie sich anders. Diese Rahmenbedingungen haben wir Menschen verändert. Wir haben das Klimasystem instabil gemacht, indem wir zu viel Energie in das System gegeben haben. Forscher haben die Reaktion des Planeten darauf betrachtet und Kipppunkte erkannt. Die erhaltenen Daten sind gar nicht gut. Die Permafrostböden sind zum Beispiel eine „klimatische Zeitbombe“. Das Auftauen des Permafrostes sei so, als beobachteten wir die Explosion einer Methan-Bombe in Zeitlupe. Mehr Methan in der Atmosphäre bedeutet mehr Erderwärmung, mehr Erderwärmung führt zu mehr Auftauen, und dieses Auftauen setzt wieder mehr Methan frei. So ähnlich läuft es auch beim Schmelzen des Eises ab. Wir sind dabei, die Puffer zu verlieren, die uns bislang vor Klimaveränderungen schützen konnten. (Aus einem Vortrag von Prof. Harald Lesch zur Wissenschaftskommunikation am 31. Januar 2023 an der Ludwig-Maximilians-Universität München)
Vor einem halben Jahr berichtete Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes, aus der Klima- und Erdsystemforschung, dass die Situation sich noch dramatischer darstellt, als wir das noch vor wenigen Jahren dachten. Nicht erst bei 3 bis 3,5 Grad Celsius Temperaturerhöhung würden die Kipppunkte erreicht werden wie bisher angenommen. Neue Studien zeigen, schon um die 2 Grad, möglicherweise schon ab 1,5 Grad, kommen wir in einen Bereich, wo einige Kipppunkte unwiederbringlich überschritten werden könnten – und zwar mit einer hohen Wahrscheinlichkeit. Die Folgen davon können das Leben in vielen Erdregionen unerträglich werden lassen.
Klimafolgenanpassung
Wir haben im letzten Sommer die Hitzetage und die Dürre erlebt, aber es wird offensichtlich noch nicht bei allen als existentiell bedrohlich empfunden, so dass die Gesellschaft im Allgemeinen und auch nicht alle politischen Entscheider Handlungsdruck sehen. Der konsequente Klimaschutz und die Klimaanpassung sind aber jetzt ein riesengroßes Thema, seit die Ergebnisse der neuen Studie zu Milliardenschäden als Folgekosten des Klimawandels bekannt sind. Danach sollen Kosten bis 2050 je nach Klimaszenario von 280 bis 900 Milliarden Euro entstehen können. Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) und die Prognos AG haben im Auftrag des Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium (BMWK) an der Studie gearbeitet. Es sind aber nicht nur immense wirtschaftliche Schäden zu erwarten, sondern auch Folgen für die Gesundheit durch Hitze und Überflutung und ein vermehrter Verlust der Artenvielfalt und die Zerstörung der Ökosysteme.
Viele Folgen des Klimawandels müssen abgemildert werden: die Ernte-Einbußen auf Grund von Wassermangel, zu wenig Abkühlung und Versauerung der Meere, die Flutschäden mit Verlust von Land und Wohnraum und Zerstörung der Infrastruktur, die Gesundheitsschäden durch vermehrte Hitzetage. Es muss um einen ambitionierten Klimaschutz und eine vorsorgende Klimaanpassung gehen, damit die Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der Ökosysteme erhöht werden, so lautet die Botschaft von Umweltstaatssekretärin Christiane Rohleder. Deshalb werden jetzt eine Klimaanpassungsstrategie und ein Klimaanpassungsgesetz seitens des Bundes als rechtliche Grundlage für Anpassungsmaßnahmen geschaffen werden. Eine Abmilderung der Folgen kann zum Beispiel durch unsere Art der Siedlungsentwicklung und des Bauens mit einem klimagerechten Flächenmanagement erfolgen. Dichte, wenig durchgrünte und stark versiegelte Besiedlung heizt sich stärker auf und verhindert Versickerung von Regenwasser, das dann zur Grundwasserneubildung fehlt. Geeignete Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung sind eine kompakte Siedlungsentwicklung und Weiterentwicklung des vorhandenen Siedlungsbestandes mit mehr Grünflächen, mehr Versickerungsmöglichkeiten für anfallendes Regenwasser und mehr freien Flächen für Klimaregulation.
Biodiversitätsverlust
So wie wir Menschen mit den Emissionen der Auslöser für den Klimawandel sind, so sind wir auch mit unserem Handeln in größtem Ausmaß der Verursacher des Biodiversitätsverlustes. Wir wissen, dass rund eine Million Tier- und Pflanzenarten in den nächsten Jahrzehnten vernichtet werden können. Das ist ein Achtel aller auf der Erde lebenden Arten (Befund des Weltbiodiversitätsrates der UN von 2019). Auch die Lebensräume der Tiere und Pflanzen gehen verloren und damit auch das saubere Wasser, die saubere Luft, guter Boden, Brennstoff, Rohstoffe zum Bauen, Nahrungsmittel, Medizin und unsere Kohlenstoffspeicher. In Deutschland gilt ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten als gefährdet. Der Insektenbestand ist in den letzten dreißig Jahren um mindestens 75% zurückgegangen, und auf der „Roten Liste“ stehen gut 200 Blütenpflanzen als gefährdet. Das Gleichgewicht der Ökosystemkreisläufe wird gestört und beeinflusst die Funktionsleistungen dieser Systeme, die für unser Leben wichtig sind. Überfischung, Waldrodungen und intensive Landnutzung gelten als Haupttreiber.
Gerade haben Forscher des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN) die Nährstoffbelastung der Gewässer untersucht. Die Gewässer leiden nicht nur unter dem Einfluss des Klimawandels, sondern auch unter dem menschlichen Einfluss durch die ländliche Flächenversiegelung. Dadurch nimmt vor allem die heimische Artenvielfalt und die Häufigkeit von Arten ab. In den letzten 30 Jahren sind laut Umweltbundesamt (UBA) knapp 5.000 Quadratkilometer unter Asphalt, Beton, Gebäuden oder anderer Abdichtung verschwunden, im Durchschnitt sind das 168 Quadratkilometer pro Jahr, das entspricht etwa der Fläche von Wuppertal. Und diese Versiegelungen nehmen auch im ländlichen Raum stark zu. Das hat gravierende ökologische Auswirkungen wie z.B. auf den Zustand der Gewässer, aber auch auf die biologische Vielfalt im Boden, wenn man Böden luft- und wasserdicht abschließt.
Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität
Es bringt uns um, wenn wir zu viel Energie ins Klimasystem geben, was zur Erderwärmung führt. Wir sind jetzt bei 1,6° Erwärmung in Deutschland und werden, wenn wir weiter damit fortfahren, mit noch viel mehr Erderwärmung leben müssen und dann als eine der Folgen Hitzewellen mit vielen Hitzetoten haben. Wir Menschen tragen mit unserer Lebensweise zur steigenden Erderwärmung bei und schaden damit aber nicht nur uns selbst, sondern auch unserer belebten und unbelebten Umwelt.
Vor 252 Millionen Jahren waren es vermutlich gigantische Vulkanausbrüche, die zu einem Massenaussterben führten. Heute könnten das Verhalten der Menschheit und der damit zusammenhängende Klimawandel der Verursacher eines solchen Aussterbens der Arten sein. Ein internationales Forscherteam an der California Academy of Sciences hat jetzt die Ergebnisse einer Studie zum Perm-Trias-Massenaussterben anhand von Fossilienfunden in China vorgelegt. Damals brach am Ende die Nahrungsversorgung zusammen. Nach den Vulkanausbrüchen waren riesige Mengen Kohlendioxyd in die Atmosphäre gelangt, wodurch die Erderwärmung stark anstieg. Davon waren vor allem die Meere betroffen und infolge der Erwärmung, der Versauerung und des Sauerstoffmangels viele Arten vernichtetet worden, deren Funktionen daraufhin im Nahrungsnetz ausfielen. Das trat ein, als es nicht mehr viele ähnliche Arten gab, die deren wichtige Funktionen übernehmen konnten. Solange es genug ähnliche Arten in einem Ökosystem gibt, übernehmen sie die Funktion, wenn eine Art ausfallen sollte. Gibt es aber nicht mehr genug ähnliche Arten, setzt der Zusammenbruch des Ökosystems ein (California Academy of Sciences: Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2023.02.007).
Das Artensterben in unserer Zeit kann im Zusammenhang mit dem Klimawandel auch immense Folgen für unser Leben haben. Wir merken jetzt schon, dass sich die Vegetationsperioden und die Vegetationsräume verlagern. Es kann dadurch zur „Entkopplung ökosystemarer Beziehungen“ kommen. Ein Beispiel für diese Folge ist der Rückgang der Bestandszahlen des Kuckucks. Das kommt daher, dass er keine Nester mehr vorfindet, in die er seine Eier legen kann, weil viele Vögel auf Grund der Verschiebung der Vegetationsperiode früher brüten. Da ist der Kuckuck noch in seinem Winterquartier in Afrika. Die Synchronisation vom Brutgeschäft des Rotkehlchens als dessen Wirtsvogel und der Ankunft des Kuckucks wird somit zunehmend schwieriger.
Ein großes Problem, dass auch durch den Klimawandel hervorgerufen wird, ist die oben schon erwähnte sich verschlechternde Süßwasserqualität. Hitzewellen führen zu Dürren und trocknen die Böden stark aus. Gibt es danach Starkregenereignisse können die Böden das überschüssige Wasser nicht mehr aufnehmen. Das Wasser gelangt in die Flüsse und Bäche. Durch die zunehmende Verstädterung des ländlichen Raums versickert immer weniger Regen im Boden, und es gelangen mehr Nährstoffe und Schadstoffe in die Gewässer, vor allem Nitrate und Phosphor. Mit der „Zahl der Woche“ des Statistischen Bundesamtes wurde am 28.02.2023 veröffentlicht, dass fast 78 Fußballfelder täglich durch die Ausweitung unserer Siedlungsgebiete an wertvolle Natur- und Landwirtschaftsfläche verloren gehen. Was dadurch passieren kann, ist am Beispiel der Eintagsfliegen zu erkennen. Sie gedeihen nur in klarem, nährstoffarmem Wasser. Sie sind aber ein zentraler Baustein für unser Ökosystem, da sie eine wichtige Nahrungsquelle für Amphibien, Spinnen, Fledermäuse oder Vögel sind. Wegen der zu starken Belastung der Gewässer leben immer weniger Larven in Deutschlands Flüssen und Bächen, und es fehlt dieser Baustein.
Die Ökosysteme aber sind ein komplexes Netzwerk und reagieren empfindlich auf Veränderungen, weil alles miteinander zusammenhängt und einer auf den anderen angewiesen ist. Ein Beispiel dafür zeigt der ganz besonders folgenreiche Eingriff unter Mao Zedong vor 70 Jahren im wichtigsten Obstanbaugebiet in Sichuan. Damals schienen die landwirtschaftlichen Erträge in Gefahr, weil viele Sperlinge die Samen pickten. Es sollen daraufhin zwei Milliarden Sperlinge vernichtet worden sein. Danach vermehrten sich die Schädlinge, und es kam zu einer schlimmen Plage durch Heuschrecken, deren Fressfeinde man mit den Sperlingen getötet hatte. Es gab riesige Ernteausfälle und eine große Hungersnot. Die Bauern reagierten dann mit dem tonnenweisen Ausbringen von Insektiziden, worauf die Hummeln und die Bienen als Bestäuber ausfielen. Seither bestäubt man dort kostenintensiv und ineffizient von Hand oder mit Drohnen. Wir brauchen aber funktionierende Ökosysteme, sonst sind wir auf dem besten Wege zu einem ähnlichen Massenaussterben wie vor 252 Millionen Jahren. Die Aussterberate ist bereits zehn bis hundertmal höher als im Durchschnitt der vergangenen 10 Millionen Jahre (IPBES-Bericht 2019). Eine solche Katastrophe heute wäre dann menschengemacht. Können wir sie aufhalten, weil wir uns noch in dem Stadium befinden, wo ähnliche Arten die Funktionen der aussterbenden übernehmen würden? Klappt also die funktionale Redundanz noch? Wenn das nicht mehr funktionieren sollte, wird auch die Nahrungskette für uns zusammenbrechen und existenzbedrohend werden.
Biodiversität und die Auswirkung auf den Klimawandel und die Klimafolgenanpassung
Umgekehrt ist der Erhalt der Biodiversität elementare Voraussetzung für Erfolge beim Klimaschutz und bei der Anpassung. Denn gesunde Ökosysteme speichern enorme Mengen an Treibhausgasen und mildern die Folgen von extremen Wetterereignissen. Es ist absehbar, dass sich die Auswirkungen des Klimawandels weiter verstärken werden. Deshalb ist es wichtig, jede Möglichkeit zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung zu nutzen. Dabei kann die Natur einen ergänzenden Beitrag zu den technologischen Lösungen leisten. Naturschutz, Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen sind eng zusammen zu denken. Als naturbasierte Lösungen können, die sich ergebenden Synergien optimal genutzt werden. Wälder sind eines der wichtigen Ökosysteme, und der Schutz der Wälder ist zum Beispiel eine naturbasierte Lösung für den Klimaschutz. Denn Wälder speichern Kohlenstoff und entziehen der Atmosphäre Kohlendioxid. Umgekehrt sind gesunde Wälder weniger anfällig für die Auswirkungen des Klimawandels, besonders dann, wenn sie eine hohe Artenvielfalt aufweisen. Naturbasierte Lösungen sind in der Regel kostengünstige Lösungen, weil mit ihnen eben die verschiedenen Ziele gleichzeitig verwirklicht werden können. Dach- und Gebäudebegrünung sind ein signifikantes Beispiel sowohl für den Klimaschutz wie auch die Anpassung an den Klimawandel und die Förderung der Biodiversität im Siedlungsraum.
Was muss sich ändern? Wir haben immer noch eine Lähmung im Handeln. In den oben erwähnten Vorträgen in der Ludwig-Maximilians-Universität wurde dringlichst appelliert, diese Lähmung zu überwinden, umzudenken und zu handeln.
Wir müssen weg von den fossilen Brennstoffen! Wir müssen, wenn wir von der planetaren Bewohnbarkeit der Erde ausgehend denken, sofort an den Sachen arbeiten, die wirklich zählen. Es gibt Bereiche mit hohem Potenzial, andere Sektoren positiv zu beeinflussen, in denen es sich lohnt zu arbeiten. Der Energiesektor mit der Abhängigkeit von den fossilen Brennstoffen ist so ein Sektor. Er beeinflusst die Gesundheit, weil wir mit den fossilen Brennstoffen in einen Kreislauf der Natur eingreifen, die dann reagiert. Das ist die Erderwärmung und in der Folge die Hitze und die gesundheitlichen Schäden.
Wir müssen die Erneuerbare Energien schneller ausbauen! Die erneuerbaren Energien (Wind und Sonne) haben den Vorteil, dass wir nicht in den Kreislauf der Natur eingreifen und damit keine neue Erwärmung mehr hervorrufen. Wir könnten dabei noch Energie sparen, denn die Kraftwerke, die mit fossilen Energien betrieben werden, arbeiten mit Energieverlust.
Wir müssen in den Kommunen auch die naturbasierten Lösungen in den Blick nehmen! In dem EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur sind unter vielen anderen sehr wichtigen Vorgaben auch solche Ziele enthalten, die für die Kommunen vor Ort eine Rolle spielen werden. Es geht dabei zum einen um die Umkehrung des Rückgangs der Bestäuberpopulationen bis 2030 und die Steigerung der Bestände ab 2030. Zum anderen soll es keinen Nettoverlust an städtischen Grünflächen bis 2030 geben, aber eine Zunahme um 5 Prozent bis 2050. In jeder europäischen Stadt und jedem Vorort soll ein Mindestanteil von 10 Prozent an Baumkronen vorhanden sein sowie ein Nettogewinn an Grünflächen, die in Gebäude und Infrastruktur integriert sind.
Wir müssen in Zukunft ganz anders bauen! Die Kommunen müssen „Grün in der Stadt“ und die Vorgaben zu klimagerechter Siedlungsentwicklung in die Stadtplanung integrieren, um die Vernetzung der Lebensräume der Tiere und Pflanzen, den Klimaschutz und die Klimaanpassung sicherzustellen. Die effektivsten Mittel sind, Neuversiegelung zu verhindern, Flächen zu entsiegeln und eine sinnvolle grün-blaue Infrastruktur aufzubauen.
Die Kommunen müssen sich auf Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft einstellen! Die Bevölkerung könnte sich bis 2050 verdoppeln. Die Verstädterung wird damit weltweit ein Problem für das Klima werden, denn 40 Prozent der globalen Emissionen stammen von Gebäuden aus dem urbanen Raum. Auch im ländlichen Raum schreitet die Urbanisierung voran. Um die Klima- und Biodiversitätsziele zu erreichen, müssen alle Potenziale für die Gebäudesanierung mit energetischen Maßnahmen schneller mobilisiert und umgesetzt werden. Bei allen Neubauten werden die energetischen Maßnahmen zum Klimaschutz schon weitgehendst berücksichtigt. Hier ist aber verstärkt auf ressourcenschonenderes Bauen nach dem „cradle to cradle“- Prinzip zu setzen. „Wir dürfen die entscheidende Dekade der Zwanziger nicht verpassen. Das ist das Zeitfenster, das uns noch bleibt, um unsere Klima- und Erdsystemstabilitätsziele noch erreichen zu können. … – Das Ahrtal war eine Frühwarnung.“ (Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes, im Interview mit Anja Krieger von der Helmholtz-Initiative am 22.10.2022)
Die Wissenschaft trägt dazu bei, dass über die Herausforderungen so gut informiert wird wie möglich und dass darüber gesprochen werden kann. Keiner sollte sich dem verschließen. Es sollten Debatten darüber geführt werden, wie man am besten zu Lösungen kommt, in jedem Parlament und in jedem Rat, sonst kann man auch nicht erwarten, dass sich etwas verändert.