Zur Baulandentwicklung

„Bereits im Februar 2021 hatte die SPD-Fraktion auf Wunsch des Vorsitzenden des Bau- und Planungsausschusses ihre Vorstellung von einer transparenten Anwendung des Vorkaufsrechtes der Gemeinde für zukünftige Baulandgrundstücke mitgeteilt. Aufgenommen wurden diese Anmerkungen indes nicht. Die nun vorgelegte Vorlage ist daher ungenügend.“

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,                                    

bereits mit Schreiben vom 22.02.2021 haben wir Stellung zum Thema „Vorkaufsrecht Bauland durch Gemeinde“ bezogen.

Zu Recht hatte der Rat bereits am 18.03.1997 den Grundsatzbeschluss gefasst, vor­rangig nur noch Bebauungspläne für Flächen, die sich im Gemeindebesitz befinden, aufzustellen. Begründung war seinerzeit die Aufteilung des entstehenden Grundstück-Mehrwertes, der durch die Ausweisung eines Baugrundstückes entsteht, zwischen der Allgemeinheit und dem privaten Eigentümer. Darüber hinaus steigerte diese Vorge­hensweise die Planungshoheit und damit das Bestimmungsrecht, was entsteht, der Gemeinde deutlich. Diese Begründung ist auch heute noch zeitgemäß und leitete alle zwischenzeitlichen Beschlüsse des Rates. Bereits seit 1997 sind jedoch berechtigte Ausnahmen im Einzelfall möglich. Insbesondere die Baulückenschließung auf kleineren Grundstücken sowie die „Hinterbebaung“ sollte ermöglicht werden – und wurde es auch.

Aus unserer Sicht ist eine grundsätzliche Beibehaltung des Beschlusses und der daraus folgenden Handlungsweise gerade heute dringend von Nöten. Die zunehmende Ver­siegelung von Böden, die Aufsplitterung in heterogene Bauweisen zu Lasten eines de­finierten Gemeindebildes sowie die haushalterische Situation (der Kämmerer hat zu Recht auf eine strukturelle Unterfinanzierung hingewiesen) machen eine Beibe­haltung zwingend.

Um die Handhabung der möglichen Ausnahmeregelungen sicher zu definieren, schla­gen wir erneut folgendes vor:

  1. Die Gemeinde Grefrath stellt Bebauungspläne nur für Flächen auf, die sich im Eigentum der Gemeinde befinden. Dies gilt auch für Grundstücksflächen, die sich in § 34/§35-Bereichen nach BauGB befinden.
  1. Ausnahmen von dieser Regelung bedürfen eines Ratsbeschlusses.
  2. Beschlüsse des Rates über Ausnahmen können insbesondere gefasst werden,

– wenn die zu überplanende Fläche weniger als 1.000 qm umfasst und

– wenn das Bauvorhaben nachweisbar und langfristig familiären Zwecken des aktuellen Grundstückeigentümers dienen soll („Altenteil“ oder „für die Nach­kommen“). In derartigen Fällen ist ein Vertrag über ein mehrjähriges Ver­äußerungsverbot zu schließen und es dürfen nicht mehr als 3 Wohneinheiten neu entstehen.

  1. Weitere Ausnahmen können ausschließlich für Bauprojekte, die einen vorher festzustellenden Gemeinnutzen (z.B. Sozialer Wohnungsbau, bezahlbare Miet­wohnungen, Seniorenwohnungen oder Besondere Wohnformen nach SGB) beschlossen werden.
  2. In allen Ausnahmefällen sind städtebauliche Verträge über die Erschließungs­kosten sowie Infrastrukturabgaben zu vereinbaren.
  3. Die Verwaltung wird beauftragt, unter Berücksichtigung dieser Vorgaben eine rechtssichere Beschlussvorlage zu erstellen.

Insbesondere weisen wir darauf hin, dass die nun vorgelegte und unserer Auffassung nach völlig ungenügende Vorlage die Gefahr in sich birgt, dass die „Ausnahmen“ eben keine sind, sondern rechtlich zu einem Anspruch führen können.

Nicht zuletzt ist durch eine eindeutige und transparente Vorgehensweise auch der Grundstücksspekulation und der Bedienung von Einzelinteressen ohne Berücksichti­gung der Allgemeininteressen vorzubeugen. Zum Vergleich: 1.000 qm Bauland bedeu­ten heute einen Grundstückswert von über 200.000 €! Es kann nicht angehen, dass Verluste sozialisiert – also der Allgemeinheit der Bürger*innen aufgebürdet – werden, während gleichzeitig Gewinne ausschließlich individualisiert werden.

Mit freundlichen Grüßen

 

Bernd Bedronka           Roland Angenvoort